Vereinfachungsdekret – Neuerungen im Bereich Verwaltungsverfahren

Das Gesetzesdekret 31. Mai 2021, Nr. 77 (im Amtsblatt der Republik Nr. 129 vom 31. Mai 2021 veröffentlicht) hat die Stärkung der Verwaltungsstrukturen und die Beschleunigung und Verbesserung der Verwaltungsverfahren zum Ziel. Folglich hat der Gesetzgeber auch Änderungen und Ergänzungen am Staatsgesetz Nr. 241 aus dem Jahr 1990 vorgenommen, da dieses Gesetz jene Bestimmungen enthält, die für jedes Verfahren gelten, es sei denn, es kommen besondere abweichende Bestimmungen zur Anwendung. Auch in Südtirol findet das Staatsgesetz Anwendung, und zwar vorbehaltlich der spezifischen Landesgesetzgebung.


Das nun veröffentlichte Gesetzesdekret führt Neuerungen im Bereich der Ersatzbefugnis, der stillschweigenden Zustimmung und der Annullierung im Wege des Selbstschutzes ein. Es handelt sich um wenige, aber bedeutende Änderungen.


Was insbesondere die stillschweigende Zustimmung anbelangt, gilt bekanntlich in bestimmten Fällen das Stillschweigen der zuständigen Verwaltung (in den Verfahren auf Antrag zum Erlass einer Verwaltungsmaßnahme) als Maßnahme, die dem Antrag stattgibt, ohne dass weitere Anträge oder Aufforderungen erforderlich sind. Nun wird von Art. 62 des Vereinfachungsdekretes hinzugefügt, dass die Verwaltung in diesen Fällen verpflichtet ist, auf Antrag des Privaten und auf telematischem Wege, eine Bescheinigung zu übermitteln, die den Ablauf der Verfahrensfristen und die entsprechend eingetretene stillschweigende Zustimmung bestätigt. Dies erfolgt selbstredend unbeschadet der eingetretenen Wirkungen der stillschweigenden Zustimmung. Sollte die Verwaltung auf den obgenannten Antrag des Privaten nicht innerhalb von zehn Tagen reagieren, so kann der Private die Bescheinigung mit einer Ersatzerklärung des Notorietätsaktes gemäß Art. 47 D.P.R. vom 28. Dezember 2000, Nr. 445 ersetzen.


Bezüglich der Annullierung im Wege des Selbstschutzes finden sich die Neuerungen in Art. 63 des Vereinfachungsdekretes. Die Norm vermindert die in Abs. 1 von Art. 21-nonies des staatlichen Verwaltungsverfahrensgesetzes Nr. 241/1990 enthaltene Frist von achtzehn auf zwölf Monate. Innerhalb dieser Frist kann eine Verwaltung ihre Befugnis zur Aufhebung der eigenen Verwaltungsmaßnahmen im Selbstschutzwege ausüben. Die Frist läuft ab Erlass der gegenständlichen Maßnahmen, immer vorbehaltlich der Fälle von Urkundenfälschungen und wahrheitswidrigen Erklärungen seitens des Privaten.


Da es sich beim Vereinfachungsdekret um ein Gesetzesdekret handelt, sind im Zuge dessen Umwandlung noch Änderungen möglich.

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