Gerade bei Verkehrsunfällen ist es – aufgrund der Vielzahl an gerichtlichen Verfahren – von höchster Relevanz, stets ajour zu bleiben und sich mit den aktuellen Urteilen zu befassen, da es immer wieder zu bedeutenden Interpretationen gesetzlicher Bestimmungen kommt.
So geschehen mit Urteil Nr. 28924 vom 10. Oktober 2022, wo sich der Kassationsgerichtshof mit der Beweiskraft von Fotos und Zeugen bei Schadensersatzverfahren betreffend Verkehrsunfälle auseinandersetzte. Dabei ist dieser zu interessanten Schlüssen gelangt, die im Folgenden näher beleuchtet werden.
Nicht selten ist es diffizil, infolge eines Unfalles präzise festzustellen, wie sich die Dynamik ereignete bzw. welchem Fahrer/Fahrzeug das Verschulden angelastet werden kann.
Eines der wichtigsten Beweismittel, auf welches hierbei regelmäßig zurückgegriffen wird, ist die Zeugenaussage.
In der Praxis kommt es aber – leider – nicht selten vor, dass das korrekte Unfallgeschehen durch unwahre Zeugenaussagen oder gar durch „falsche“ Zeugen, die erst Monate nach dem Ereignis überraschend zum Vorschein kommen, verzerrt wird. Dies hat unter Umständen fundamentale Auswirkungen auf die Schadensersatzverurteilung.
Um genanntem Phänomen vorzubeugen, wurde bereits in vielen Gerichtsverfahren (sogar im Parlament, betreffs etwaiger Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen) diskutiert, welche Beweiskraft man Zeugenaussagen bei Verkehrsunfällen überhaupt zumessen soll; insbesondere deshalb, weil nunmehr jeder ein Smartphone bei sich trägt und die Unfalldynamik somit ohne Probleme fotografisch festgehalten werden kann.
Dieser Auffassung der tendenziell immer wichtigeren Beweiskraft solcher Aufnahmen ist auch das jüngste diesbezügliche Urteil des Kassationsgerichtshofs, welches einleitend erwähnt wurde.
In diesem scheinen die Richter fotografischen Beweisen eine klare Präferenz anheimfallen zu lassen und gleichzeitig vorliegende Zeugenaussagen beweisrechtlich zu depotenzieren. Das Urteil greift nämlich folgendes Zitat des vorangegangenen, angefochtenen Urteils (Nr. 1939/2020, LG Benevento) auf und lässt es ohne gegenteilige Kritik stehen:
„Aufgrund der aktuellen Technologie, die in jedem Moment zur Verfügung steht, ist die Zeit der Schadenersatzverfahren in Bezug auf Verkehrsunfälle, die nur aufgrund von Zeugenaussagen und ohne Fotos geführt werden, vorbei.“ Wenngleich solche Urteilspassagen cum grano salis zu interpretieren sind und nicht davon auszugehen ist, dass Zeugenaussagen bei Verkehrsunfällen nun keine Bedeutung mehr zufällt, kann dennoch ein grundsätzlicher Trend hin zur Bedeutsamkeit fotografischer Beweise zuungunsten der Aussagen von Zeugen ausgemacht werden