Immer wieder taucht die Frage auf, ob Beamte in der Nähe von Radargeräten anwesend sein müssen, um eine Geschwindigkeitsübertretung festzustellen und diese dem Übertretenden gegebenenfalls auch unmittelbar vorzuhalten.
Die italienische Straßenverkehrsordnung normiert bei Übertretungen grundsätzlich das Prinzip der unmittelbaren Vorhaltung. Dies bedeutet, dass der feststellende Beamte den Strafbescheid sofort nach Begehung ausstellen und dem Übertretenden vorhalten muss.
Selbstverständlich gilt dies prinzipiell auch bei Geschwindigkeitsübertretungen. Heißt: der Beamte muss vor Ort sein, um das Fahrzeug anzuhalten und dem Fahrer die Strafe „übergeben“ zu können. Ausnahme hiervon bilden aber besondere Fälle, wo dies faktisch nicht möglich ist; man denke beispielsweise an gefährliche Straßenabschnitte oder an Straßen, wo mit hoher Geschwindigkeit gefahren wird.
Genau geregelt wird die Materie vom Gesetz Nr. 168/2002. Dieses sieht vor, dass Radargeräte ohne Polizeipräsenz auf Autobahnen und Schnellstraßen angebracht werden können – natürlich mit klar sichtbarem Hinweisschild für den Autofahrer (letzteres gilt immer).
Bei zweitrangigen Freilandstraßen und städtischen Durchzugsstraßen gilt hingegen die Regel, dass Radargeräte ohne anwesende Streife nur dann installiert werden dürfen, wenn ein eigens erlassenes Dekret des Präfekten dies für die entsprechende Straße / den Abschnitt genehmigt. Liegt also ein solches Dekret vor, kann ein Messgerät auch ohne Beamten vor Ort Geschwindigkeitsübertretungen feststellen, die dem Übertretenden im Nachhinein zugestellt werden.
Wird aber ein derartiger Strafbescheid ausgefertigt, muss auf diesem die Nummer des Präfekturdekrets angegeben werden, welches die Überwachung des Abschnitts ohne Polizeipräsenz erlaubt. Eine Nichtbeachtung bewirkt die Nichtigkeit des Strafbescheids, wie der Kassationsgerichtshof jüngst in mehreren Beschlüssen festhielt (ordinanze Nr. 623/2021, Nr. 775/2021 und 776/2021). Interessant ist hierbei auch folgendes: Wird der Strafbescheid deswegen angefochten, vermag es auch die nachträgliche Angabe des Präfekturdekrets im Rahmen des Verfahrens nicht, den Mangel zu sanieren – der Bescheid bleibt nichtig und wird aufgehoben (KassGH, Beschluss Nr. 26441/2016; KassGH, Urteil Nr. 2243/2008).
Im Zusammenhang mit dem Dekret des Präfekten ergeben sich im Übrigen weitere bemerkenswerte Anfechtungsmöglichkeiten. So wurde beispielsweise ein Strafbescheid aufgehoben, bei welchem die Beamten die Straße überwachten, obwohl die Messung kraft Dekrets nur in die entgegengesetzte Fahrtrichtung erlaubt gewesen wäre (KassGH, Urteil Nr. 30323/2018).
Wiewohl die obgenannten Bestimmungen eigentlich relativ klar formuliert sind, ergeben sich dennoch häufig Streitfälle, die nicht selten auch bis zum Kassationsgerichtshof gelangen, wie die geschilderten Fälle zeigen. Etwaige Rekurse können daher – bei entsprechender Sachlage – vielversprechend sein.

RA Dr. Johannes Senoner Pircher
Alkohol und Drogen – Führerscheinentzug bei Unfällen
Im Jahre 2019 wurden in Italien ungefähr 42.000 Übertretungen wegen Alkohols am Steuer gezählt, weitere 5.000 betrafen das Fahren unter Drogeneinfluss.
Diese Zahlen lassen aufhorchen, weswegen eine kurze Auseinandersetzung mit der Thematik opportun scheint. In dieser Ausgabe soll der Fokus auf der Sanktion des Führerscheinentzugs liegen, der bei unter Alkohol- oder Drogeneinfluss verursachten Unfällen als Nebenstrafe (d.h. zusätzlich zur Geld- oder Freiheitsstrafe) zum Tragen kommt. Hierbei handelt es sich um eine besonders komplexe Materie, weswegen versucht wird, diese möglichst überblicksartig und prägnant zu skizzieren.