Mit Staatsgesetz Nr. 24 vom 08.03.2017 wurde die ärztliche Haftung neu geregelt. Das Gesetz wurde im Amtsblatt vom 17.03.2017 veröffentlicht und ist am 01.04.2017 in Kraft getreten. Besagtes Gesetz regelt unter anderem Folgendes:
a) In Art. 4 bestimmt das neue Gesetz, dass die medizini-schen Leistungen dem Transparenzgrundsatz gemäß Datenschutzkodex unterliegen. Vermutet der Patient einen Behandlungsfehler, hat er Anrecht auf Aushändigung der entsprechenden Unterlagen, wobei die öffentliche oder private sanitäre Einrichtung dieselben innerhalb der Frist von 7 Tagen zur Verfügung stellen muss. Etwaige Ergänzungen müssen innerhalb von 30 Tagen nachgereicht werden.
Das Gesetz bestimmt weiters, dass alle Einrichtungen und Freiberufler eine Versicherungspolizze abschließen müssen. Jede Einrichtung muss auf der eigenen Webseite die Daten der in den letzten 5 Jahren getätigten Schadenersatzzahlungen veröffentlichen.
b) Das neue Gesetz sieht auch die Einführung des neuen Art. 590-sexies im Strafgesetzbuch vor. Halten die Ärzte und das Pflegepersonal die zu erstellenden Behandlungsrichtlinien ein, ist eine strafrechtliche Verfolgung wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung (Artt. 589 und 590 StGb.) bei Vorliegen bloßer Unerfahrenheit ausgeschlossen. Bei Unbesonnenheit und Nachlässigkeit ist hingegen die Straftat gegeben.
c) Das Gesetz bestimmt weiters, dass die öffentlichen und privaten Einrichtungen für die vorsätzlichen und fahrlässigen Handlungen der Ärzte haften, auch wenn kein Angestelltenverhältnis besteht. Das Gesetz sieht nämlich eine doppelte zivilrechtliche Haftung vor. Für die Einrichtung gilt die vertragliche Haftung und eine Verjährungsfrist von 10 Jahren, wobei die Einrichtung die entsprechende Beweislast trägt (d.h. die Einrichtung muss beweisen, dass keine Fehler vorliegen). Will der Geschädigte gegen den Dienstnehmer (Arzt oder Pflegepersonal) vorgehen, spricht das Gesetz von einer außervertraglichen Haftung und einer Verjährungsfrist von 5 Jahren. Weiters trägt in diesem Fall der Patient die Beweislast (d.h. der Patient muss den Behandlungsfehler beweisen).
d) In Art. 8 sieht das neue Gesetz einen verpflichtenden Schlichtungsversuch (oder alternativ dazu ein Mediations-versuch) vor, bevor die Gerichte mit der Haftungsfrage befasst werden.
e) Eine Regressklage der sanitären Einrichtung gegen den Arzt oder das medizinische Pflegepersonal kann ausschließlich im Falle von grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Behandlungsfehlern eingereicht werden. War der Arzt oder das medizinische Pflegepersonal nicht Partei im Gerichtsverfahren (oder im Mediationsverfahren), kann die Regressforderung erst gestellt werden, wenn der Patient bereits entschädigt wurde. Die Regressforderung ist gesetzlich auf maximal 3 Jahresgehälter des Arztes oder des Pflegepersonals beschränkt.
f) Das neue Gesetz enthält in Art. 17 noch die sog. Schutzklausel, wonach das Gesetz in Südtirol nur im Einklang mit dem Sonderstatut und den entsprechenden Durchführungsbestimmungen anwendbar ist.