Nachname des Vaters, der Mutter oder von beiden?

RA Dr. Stefanie Schuster

Laut derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen können die Eltern den Nachnamen des Kindes nicht frei wählen: während das eheliche Kind automatisch den Nachnamen des Vaters erhält, erwirbt das außereheliche  den Familiennamen jenes Elternteils, welches das Kind zuerst anerkennt; erfolgt die Anerkennung durch beide Eltern gleichzeitig, erhält das Kind, wiederum automatisch, den Nachnamen des Vaters. 

Auffällig an obigen Bestimmungen ist, dass dem Nachnamen der Mutter fast keine Bedeutung zuerkannt wird. So haben weder die ehelichen noch die außerehelichen und von beiden Elternteilen anerkannten Kinder die Möglichkeit, den Familiennamen der Mutter zu erwerben, auch dann nicht, wenn der Vater die Zustimmung dafür erteilt.  
Diese offensichtlich diskriminierende Situation hat in den vergangenen Jahren häufig Anlass zur Diskussion geboten.

Im Jahr 2016 hat der Verfassungsgerichtshof in Rom deshalb einen ersten Schritt gesetzt und die obgenannten Bestimmungen für teilweise verfassungswidrig erklärt. Im entsprechenden Urteil Nr. 286/2016 wurde festgehalten, dass den verehelichten Paaren die Möglichkeit geboten werden muss, dem Kind zusätzlich zum Nachnamen des Vaters auch jenen der Mutter zu geben. 
Der aufgezeigten Diskriminierung konnte dadurch nur zum Teil entgegengewirkt werden: zum einen bezog sich die neue Regelung nur auf die ehelichen Kinder (die außerehelichen waren davon ausgenommen); zum anderen konnte der Nachname der Mutter immer nur an zweiter Stelle stehen, d.h. nach jenem des Kindesvaters, und das auch nur dann, wenn dieser damit einverstanden war. 

Am 27. April dieses Jahres meldete sich das Verfassungsgericht erneut zu Wort: all jene gesetzlichen Bestimmungen, welche dem Kind automatisch den Nachnamen des Vaters zuteilen, sind als rechtswidrig anzusehen, da dieselben sowohl das Recht auf persönliche Identität des Kindes, als auch das Recht auf Gleichstellung und Gleichbehandlung von Mann und Frau, mit Verbot von Diskriminierungen jeglicher Art, verletzen. 
Laut Verfassungsgericht muss die Zuteilung des Nachnamens wie folgt erfolgen: das Kind (egal ob ehelich oder außerehelich) erhält den Nachnamen beider Eltern, in einer von denselben festgelegten Reihenfolge (bei Uneinigkeit entscheidet das Gericht). Einvernehmlich  können die Eltern dem Kind auch nur einen Nachnamen zuteilen, d.h. jenen des Vaters oder jenen der Mutter.  

Das entsprechende Urteil wurde am 01.06.2022 im Gesetzblatt der Republik veröffentlicht und ist somit bereits heute auf all jene Fälle anwendbar, in denen die Zuteilung des Nachnamens noch ausständig ist. 
Ein konkretes Gesetz dazu wird noch erlassen werden, auch um die Weitergabe der Doppelnachnamen von Generation zu Generation zu regeln. 

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