Die Fälle von Nachlassregelungen, in denen sich die Frage stellt, welches Staatsrecht anzuwenden ist bzw. welche Gerichte im Streitfall zuständig sind, nehmen stetig zu.
Dies nicht nur in Grenzgebieten, sondern vor allem aufgrund einer immer größeren Mobilität der Bürger*innen, welche nicht selten im Laufe ihres Lebens in mehreren Staaten ansässig sind, und auch Immobilien und Geldanlagen in verschiedenen Ländern besitzen.
Was den EU-Raum betrifft, werden Nachlassregelungen mit internationalen Elementen durch die europäische Verordnung Nr. 650/2012 geregelt.
Gemäß Art. 21 der Verordnung unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht jenes Staates, in dem der Erblasser/die Erblasserin zum Zeitpunkt seines/ihres Todes den gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte.
Sollte sich aus der Gesamtheit der Umstände ergeben, dass der Erblasser/die Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat hatte, so ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
Um Streitigkeiten hinsichtlich des anzuwendenden Rechts vorzubeugen, sieht Art. 22 der genannten Verordnung auch die Möglichkeit vor, dass der Erblasser/die Erblasserin für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen kann, dem er/sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehört.
Die Wahl muss ausdrücklich und in einem Testament erfolgen, welches – was Form und Wirksamkeit betrifft – ebenfalls dem gewählten Recht unterliegt.
Dem gemäß Verordnung oder aufgrund der Wahl anzuwendendem Recht unterliegt dann die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen, so auch die Bestimmung der Erben*innen und der ihnen zustehenden (Pflicht-)Anteile sowie des frei verfügbaren Anteils.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Zulässigkeit und Wirksamkeit von sog. „Erbverträgen“ – welche nach italienischem Recht nicht zulässig bzw. nichtig wären – dem Recht unterliegt, das nach der Verordnung Nr. 650/2012 auf die Rechtsnachfolge anzuwenden ist (wobei der Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages zählt).
Die EU-Verordnung hat auch das sog. „Europäische Nachlasszeugnis“ eingeführt, welches unserem Erbschein entspricht und von einem Mitgliedsstaat ausgestellt wird, aber – wenn nötig mit einer beglaubigten Übersetzung – in allen Mitgliedsstaaten für die Umschreibung der Immobilien und Anlagen auf die Erben*innen verwendet werden kann.
Die Durchführung von internationalen Erbschaften stellt jedenfalls meistens, sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich, eine komplexe Aufgabe dar.