Indirekte Schenkungen und deren Auswirkung auf die Nachlassregelung

RA Dr. Stefanie Schuster

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass anstelle von ordentlichen bzw. direkten Schenkungen (aufgenommen vor einem Notar im Beisein von zwei Zeugen), sogenannte indirekte Schenkungen vorgenommen werden. Laut Definition der Rechtsprechung handelt es sich um Rechtsgeschäfte, die einen von der Schenkung verschiedenen Rechtsgrund aufweisen. Konkret bedeutet dies, dass kein Schenkungsvertrag im eigentlichen Sinne abgefasst wird, sondern die Bereicherung der anderen Person auf Umwegen erfolgt, was insbesondere im Zuge der Nachlassregelung Probleme bereiten kann. Nachstehend, auch zum besseren Verständnis der Thematik, einige konkrete Beispiele aus der Praxis.

I.) Eine indirekte Schenkung liegt beispielsweise dann vor, wenn der Vater seinem Sohn einen Geldbetrag für den Ankauf einer Liegenschaft schenkt. Schenkungsgegenstand bildet in diesem Fall nicht der Geldbetrag, sondern die Liegenschaft selbst. Folglich ist auch bei Berechnung der Erbmasse der Wert derselben, und nicht jener des erhaltenen Geldbetrages zu berücksichtigen. Konkret wird der Marktwert der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers berechnet, welcher allenfalls auch höher als die übergebene Geldsumme sein kann.

Eine direkte Schenkung würde hingegen im umgekehrten Fall bestehen, sprich, wenn der Vater dem Sohn den Geldbetrag unabhängig vom Kauf der Liegenschaft übergibt, auch dann, wenn der Sohn das Geld später in eine solche investiert. In diesem Fall fließt in die Nachlassberechnung nur der Geldbetrag und nicht der Wert der Liegenschaft ein (Urteil KassGH Nr. 4523/2022).  

II.) Von einer indirekten Schenkung kann auch dann gesprochen werden, wenn eine Person (Gläubiger) aus Freigiebigkeit auf die Geltendmachung einer Forderung, beispielweise auf die Eintreibung einer hohen Rechnung, gegenüber einer anderen Person (Schuldner) verzichtet (Urteil LG Bozen Nr. 806/2022).

III.) Eine indirekte Schenkung kann auch dann vorliegen, wenn der  Ehepartner sein eigenes Kontokorrent, aus freien Stücken und verbunden mit der Absicht der Bereicherung des anderen Ehepartners, namentlich auch auf denselben eintragen lässt (Urteil KassGH Nr. 9197/2023).

Wie man sich vorstellen kann, ist es nicht immer einfach, eine indirekte Schenkung auf Anhieb als solche auszumachen. Die entsprechende Einordnung wird aber spätestens dann wichtig, wenn es um die Aufteilung des Erbschaftsvermögens geht, denn, wie aufgezeigt, fließen  nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Schenkungen in die Berechnung der Erbmasse und die den Erben zustehenden Pflichtteile ein.

Um Unsicherheiten auszuräumen, wird eine rechtliche Beratung in jedem Fall angeraten.  

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