Ehetrennung mit vermögensrechtlichen Konsequenzen

RA Dr. Stefanie Schuster

Treten im Laufe des Ehelebens Umstände ein, die ein Zusammenleben unerträglich machen oder für die Erziehung der Kinder schwer nachteilig sind, haben die Ehepartner die Möglichkeit, die Trennung zu verlangen, was einvernehmlich oder gerichtlich erfolgen kann.

Vor Gericht besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Erklärung der Anlastung der Trennung zu stellen. Konkret bedeutet dies, dass der Richter überprüft, ob und gegebenenfalls welchem Ehegatten, in Anbetracht seines mit den ehelichen Pflichten in Widerspruch stehenden Verhaltens, die Trennung anzulasten ist. Gemäß Art. 143 des italienischen Zivilgesetzbuches erwerben Ehemann und Ehefrau mit der Eheschließung die gleichen Rechte und Pflichten, darunter die gegenseitige Pflicht zur Treue, zum geistigen und materiellen Beistand, zur Mitarbeit im Interesse der Familie und zum Zusammenleben.

Die Verletzung auch nur einer dieser Pflichten kann die Anlastung der Trennung mit sich bringen, mit folgenden vermögensrechtlichen Konsequenzen.

Zum einen geht jeglicher Anspruch auf die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages verloren (ausgenommen, wenn eine Notlage vorliegt; in diesem Fall muss das zum Leben notwendige Minimum geleistet werden).

Zum anderen erlöschen sämtliche Erbansprüche auf den Nachlass des anderen Ehegatten (ausgenommen, wenn das zum Leben Notwendige, wie im vorhergehenden Absatz beschrieben, bereits geleistet wurde; in diesem Fall besteht ein Anrecht auf eine lebenslange Rente, bemessen am Erbschaftsvermögen, an der Eigenschaft und der Zahl der Erben und der Höhe der bereits bezogenen Zahlung).

In jedem Fall hat der für die Trennung schuldig befundene Ehepartner sämtliche Prozessspesen zu zahlen.

Der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente bleibt hingegen unabhängig von der Anlastung der Trennung bestehen.

Nachstehend einige Beispiele aus der Praxis:

  • mit Urteil Nr. 1019/2022 hat das Oberlandesgericht Mailand einer Ehefrau die Trennung angelastet, welche intime Fotos mit einem anderen Mann im Internet veröffentlicht hat; die neue Beziehung war – so das Gericht – Grund für die Ehekrise und somit auch für das anschließend vom Ehemann eingeleitete Trennungsverfahren; 
  • mit Urteil Nr. 31351/2022 hat das Kassationsgericht  bestätigt, dass die Anlastung der Trennung immer zu erfolgen hat, wenn ein Ehepartner gegenüber dem anderen physische oder psychische Gewalt anwendet / angewendet hat; zahlreiche erstinstanzliche Entscheidungen erachten bereits einen einzigen Gewaltakt als ausreichend; 

mit Urteil Nr. 2369/2022 hat das Oberlandesgericht Venedig festgehalten, dass der freiwillige Auszug aus der Familienwohnung die Anlastung der Trennung bedeuten kann, wenn nicht bewiesen wird, dass der in der Wohnung verbleibende Partner den Auszug verschuldet hat. 

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