Die sog. „claims made“ Polizze

Die sog. „claims made“ Polizze ist eine, insbesondere für Freiberufler (z.B. Wirtschaftsberater, Ingenieure, Ärzte, Anwälte usw.) und Führungskräfte (sog. D&O) weit verbreitete Art der Haftpflichtversicherung, welche von dem im Zivilgesetzbuch definierten Standard-Vertrag abweicht.

Bei der von Art. 1917 ZGB definierten Haftpflichtversicherung hält der Versicherer – in den Grenzen des Vertrages – den Versicherten hinsichtlich jener Schäden schadlos, deren Verstoß oder Ursache in die Laufzeit des Vertrages fallen.

Dies bedeutet, dass (nur) jene Schäden gedeckt werden, welche während der Dauer des Versicherungsvertrages verursacht werden.

Bei der sog. „claims made“ Polizze hingegen sind – immer in den Grenzen des Vertrages – jene Schäden gedeckt, hinsichtlich derer die sog. erste Schadensersatzforderung (English „claim“) während der Vertragsdauer erfolgt.

Der Verstoß oder die Ursache des Schadens kann auch vor Abschluss des Versicherungsvertrages liegen.

Der „claims made“ Vertrag schützt die oben genannten Berufskategorien besser von den Folgen einer Handlung oder Unterlassung welche einen Schadensersatz verursachen könnte, da – z.B. bei Ingenieuren oder Anwälten – die Schäden erst Jahre nach der Handlung auftreten können.

Man denke z.B. an einen Fehler bei einer Statik für ein Gebäude, wo sich die Mauerrisse jedoch erst nach Jahren zeigen, oder an einen Prozessfehler der jedoch erst Jahre später mit dem Urteil festgestellt wird.

Damit die Deckung bei den „claims made“ Verträgen auch effektiv hinreichend gegeben ist, muss folgendes beachtet werden:

– Erklärung: bei Vertragsabschluss muss angegeben werden, ob Ereignisse bekannt sind, welche zu einer Schadensersatzforderung führen könnten;    

– Rückwirkung: die Polizze muss (für z.B. zehn Jahre) rückwirkend sein, und es muss die Deckungskontinuität mit früheren Polizzen gewährleistet sein;

– sog. „sunset clause“: es muss auch die Deckung für Forderungen vereinbart werden, welche (bis zu zehn Jahre) nach Vertragsende eingehen, dies vor allem bei Ende der beruflichen Tätigkeit;

– sog. „deeming clause“: es muss vorgesehen sein, dass jene Schäden gedeckt werden, die aus Ereignissen im Laufe der Vertragsdauer entstehen könnten, welche der Versicherte der Versicherung vorsorglich mitteilt.

Die Zulässigkeit und Gültigkeit der „claims made“ Polizzen in der italienischen Rechtsordnung war lange Zeit heftig umstritten, wurde jedoch letzthin von zwei Urteilen (2016 und 2018) der Vereinigten Senate des Kassationsgerichtshofes endgültig bestätigt.

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