Der Italienische Kassationsgerichtshof hat letztlich (mit Verordnung Nr. 11012/2021) wieder mit einer traditionellen Auslegung des Eherechts aufhorchen lassen, und zwar hinsichtlich der in anderen, auch europäischen Staaten längst zulässigen Möglichkeit von rechtsverbindlichen Abmachungen im Hinblick auf eine allfällige künftige Auflösung der Ehe (Ehescheidung), sog. ‚prenuptial agreements‘.
Die Rechtsfrage wird seit längerem im Rahmen des Familienrechts heftig diskutiert, vor allem seit der im Jahr 2015 erfolgten Änderung des Scheidungsgesetzes (Nr. 898/1970), wobei die Befürworter solcher verbindlicher Abmachungen vor allem mit der Vermeidung von oft langwierigen und jedenfalls kostenaufwendigen gerichtlichen Trennungs- und Scheidungsverfahren diskutieren. Nicht nur Familienrechtler drängen immer nachhaltiger darauf, die Rechtswirksamkeit solcher Abmachungen, möglichst bereits bei Eheschließung, jedenfalls aber bei der (in Italien für die Auflösung der Ehe immer noch notwendigen vorherigen) Ehetrennung, anzuerkennen; zumal seit letztgenannter Gesetzesänderung bekanntlich die Ehescheidung bereits nach sechs Monaten ab (beantragter/bestätigter) Ehetrennung beantragt werden kann und es demnach als naheliegend erachtet wird, dass v.a. die Abmachungen, welche im Rahmen der Ehetrennung hinsichtlich der bevorstehenden Auflösung der Ehe (Scheidung) getroffen werden, Bestand haben sollten.
Dieser Sichtweise ist nunmehr durch den Obersten Gerichtshof erneut ein Riegel vorgeschoben worden: Mit der eingangs angeführten Entscheidung haben die Höchstrichter nicht nur erneut und ausdrücklich die Nichtigkeit solcher (im Rahmen der Ehetrennung getroffenen) Abmachungen bestätigt, sondern sogar ihre vormalige Interpretation, wonach die Nichtigkeit dieser Abmachungen nur seitens der interessierten Partei eingewendet werden kann, verschärft: es wurde ausdrücklich festgehalten, dass es sich hierbei um eine sog. absolute Nichtigkeit handelt, welche demnach sogar von Amts wegen (will heißen, auch vom mit der Angelegenheit befassten Richter) aufgeworfen werden könnte.
Begründet wird die Entscheidung mit dem, bereits in der Vergangenheit wiederholt bemühten, im Art. 160 ZGB festgelegten Prinzip der Unabdingbarkeit der Rechte und Pflichten, welche das Gesetz als Wirkungen der Ehe vorsieht: es steht den Eheleuten demnach nicht frei, auf die ihnen vom Ehe-/Familienrecht zustehenden Rechte und Pflichten (so bspw. auch betreffend den Ehegattenunterhalt, betreffend Sorge-/Umgangsrecht und Unterhalt für die gemeinsamen Kinder) vorab rechtsverbindlich zu verfügen.