Defektes Fahrzeug – Neues im Bereich Produkthaftung

RA Dr. Johannes Senoner Pircher

An wen wendet man sich als Konsument, wenn ein Fahrzeug eines europäischen Herstellers, das bei einem italienischen Konzessionär erworben wurde, einen Defekt aufweist?

Erst kürzlich hat sich ein Urteil des Kassationsgerichtshofs (Nr. 26135 vom 7. September 2023) mit dieser Frage auseinandergesetzt.

Grundsätzlich gilt für Verbraucher folgendes: Art. 114 des Konsumentengesetzes (GvD Nr. 206/2005) bestimmt, dass der Hersteller für Schäden aufkommt, die aufgrund seines defekten Produktes verursacht werden.  Falls der Hersteller nicht ermittelbar ist, haftet gem. Art. 116 des genannten Gesetzes der Lieferant (wie bspw. eine Filiale), und zwar dann, wenn letzterer es unterlassen hat, dem Konsumenten innerhalb drei Monaten ab (schriftlicher) Anfrage desselben die Daten des Herstellers mitzuteilen.

Bei manchen Produkten, wie eben Autos, ist die Unterscheidung Hersteller/Konzessionär (Filiale) für den Konsumenten allerdings nicht immer leicht, zumal die Konzessionäre in der Regel denselben Namen bzw. die Marke des Herstellers tragen.

So geschehen auch im Fall, der oben angeführtem Urteil zugrunde lag.

Das Fahrzeug des Konsumenten hatte einen Getriebeschaden (Automatik), dessen Behebung – wie in den meisten Fällen – recht kostspielig war. Infolgedessen forderte er vom italienischen Konzessionär, wo er das Auto gekauft hatte, Schadensersatz. Der Name des Konzessionärs deckte sich nahezu gänzlich mit jenem des Herstellers, weswegen der Konsument davon ausging war, es handle sich bei demselben um den Hersteller selbst.

Der Kassationsgerichtshof vertrat im Urteil Nr. 26135/2023 die Auffassung, dass die Filiale nicht als Hersteller, sondern lediglich als Lieferant einzustufen ist. Eine Qualifikation als Hersteller sei demnach nur dann möglich, wenn die Filiale dem Konsumenten auf spezifische Anfrage desselben nicht – wie von Art. 116 Konsumentengesetz vorgesehen – die Daten des Herstellers binnen drei Monaten mitteilt. Folglich kann der Konsument gerichtlich gegen die Filiale vorgehen.

Im obigen Fall wurde die Klage des Konsumenten abgewiesen, zumal die Filiale demselben behilflich bei der Ermittlung des Herstellers war, wie vom Gesetz normiert. Die Filiale schied demzufolge (aus formalen Gründen) als Adressatin der Schadensersatzforderung aus.

Aus den Ausführungen erschließt sich, dass eine mögliche Klage im Falle eines defekten Produkts – bereits aus Formgründen – sorgfältig geprüft werden sollte.

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