Mit Gesetz Nr. 206/2021 ist die italienische Zivilprozessordnung grundlegend reformiert worden.
Dabei ist unter anderem vorgesehen, dass nicht verheiratete Eltern im Falle des Scheiterns ihrer Beziehung und Uneinigkeit betreffend die Obsorge und vorrangige Unterbringung der gemeinsamen Kinder, sowie des entsprechenden Umgangs- und Besuchsrechts, vor allem aber auch hinsichtlich der Aufteilung deren ordentlichen und außerordentlichen Unterhaltskosten nicht mehr zwingend die zuständige Gerichtsbehörde einschalten müssen.
Die entsprechende Bestimmung greift seit 22. Juni 2022: gelingt bei Streitigkeiten keine einvernehmliche Lösung, so können die Eltern nunmehr eine verbindliche Regelung auch mittels sog. ‚Verhandlungen mit Rechtsbeistand‘ herbeiführen; dieses Sonderverfahren (negoziazione assistita) ist mit GD. Nr. 142/2014 bzw. G. Nr. 162/2014 für zivile Rechtsstreitigkeiten, auch für jene betreffend die Festlegung der Bedingungen im Falle von Ehetrennung und -scheidung eingeführt worden, war aber bislang für außereheliche Partnerschaften nicht anwendbar.
Die Prozedur sieht dabei vor, dass die Ex-Partner mit dem Beistand von jeweils (wenigstens) einem Rechtsanwalt schriftlich vereinbaren, die Vergleichsgespräche zur Regelung ihrer Probleme aufzunehmen; in der Folge erarbeiten die Rechtsbeistände im Interesse ihrer jeweiligen Klienten eine Vergleichsurkunde, in welcher die getroffenen Abmachungen verbindlich festgehalten werden, und zwar sowohl bezüglich der Obsorge der gemeinsamen Kinder, der entsprechenden (vorrangigen) Unterbringung und Besuchs- bzw. Umgangsrechte und der jeweils zu übernehmenden Spesen für deren ordentlichen und außerordentlichen Unterhalt. Der unterzeichnete Vergleich wird dann von den Anwälten, gemeinsam mit den erforderlichen Dokumenten (standes-/meldeamtlicher Natur, sowie Belege über die jeweiligen Einkommen) an die zuständige Staatsanwaltschaft übermittelt, welche die Wahrung der Interessen der Minderjährigen zu prüfen hat; sollte der Staatsanwalt die von den Eltern entsprechend festgelegten Bedingungen nicht für angemessen erachten, übermittelt er die Akte an den Präsidenten des Landesgerichts, welcher innerhalb 30 Tagen einen Verhandlungstermin für deren Anhörung festlegen muss; wenn dort eine vom Gericht akzeptierte Einigung gefunden wird, ersetzt das entsprechende Protokoll den Vergleichstext.
Wenn der Staatsanwalt indes keine Beanstandungen erhebt, bestätigt er die Vergleichsurkunde, welche somit dieselbe Wirkung wie ein Gerichtsentscheid (Urteil, Dekret) erhält und demnach im Falle der Nichteinhaltung seitens eines der ‚Vertragspartner‘ unmittelbar zu einer Zwangsmaßnahme (z.B. Pfändung bei Nichtzahlung des vereinbarten Unterhaltsbeitrags) ermächtigt.