Reform des Steuerprozesses

RA Dr. Nausicaa Mall

Mit dem Gesetz Nr. 130/2022 wurde in Italien der Steuerprozess reformiert.

Ziel der Reform ist es, die Steuer-Gerichtsbarkeit unabhängiger und schlanker zu machen, die Gleichstellung des Rekursstellers mit der Steuerbehörde zu garantieren, sowie die Definition der Streitigkeiten mittels Vergleich zu fördern.

Die wichtigsten Neuerungen sind folgende:

– Die „Steuerkommissionen“ ersten und zweiten Grades werden in „Gerichte für die Steuer-Gerichtsbarkeit“ (Corte di giustizia tributaria di I. e II. grado) umbenannt.

– Die Honorarrichter werden schrittweise durch Berufsrichter ersetzt, die Richterzahl wird erhöht.

– Die Steuerrekurse werden wie bisher von einem Richterkollegium entschieden; für Streitigkeiten bis zu einem Wert von 3.000,- Euro ist ab jetzt in erster Instanz jedoch ein Einzelrichter zuständig.

– Die Verhandlungen vor dem Einzelrichter müssen, und alle anderen Verhandlungen können (auf Antrag der Parteien), per Videokonferenz stattfinden.

Am Kassationsgerichtshof wird eine eigene Sektion für Steuerrecht eingerichtet. In dieser „dritten Instanz“ werden wie bisher nur Rechtsfragen entschieden und es braucht zwingend den Beistand eines Rechtsanwaltes.

– Es besteht eine verstärkte Beweispflicht zu Lasten der Steuerbehörde, welche die in der angefochtenen Maßnahme enthaltenen Vorhaltungen beweisen muss.

Neu ist, dass „bei Notwendigkeit“ der schriftliche Zeugenbeweis zugelassen wird.

Falls eine der Parteien oder der Richter einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, welchen die andere Partei nicht annimmt, muss letztere um 50% erhöhte Prozesskosten bezahlen, wenn das Urteil ihre Ansprüche in kleinerem Maße anerkennt als der Vergleich.

– Neu ist die Möglichkeit, gewisse Verfahren, welche bis 16.09.2022 vor dem Kassationsgerichtshof anhängig waren, mittels (kurzfristig einzubringendem!) Antrag mit einer Abschlagszahlung zu beenden, und zwar:

a) Verfahren, bei denen die Steuerbehörde in beiden Instanzen vor den (ehemaligen) Steuerkommissionen zur Gänze unterlag und deren Streitwert bis zu 100.000,- Euro ist, durch Bezahlung von 5% des Streitwertes;

b) Verfahren, bei denen die Steuerbehörde in nur einer meritorischen Instanz ganz oder teilweise unterlag und deren Streitwert bis zu 50.000,- Euro ist, durch Bezahlung von 20% des Streitwertes. 

Die Reform enthält einige wichtige Neuerungen. Kritikpunkte sind jedoch, dass die Steuerrichter vom Finanzministerium abhängen werden, und dass die Mediationsverfahren der Agentur der Einnahmen zugeteilt wurden.

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